Als J. S. Bach sein erstes gedrucktes Orgelwerk 1739 veröffentliche, war er bereits 54 Jahre alt. Die Sammlung besteht aus zehn großen Choralbearbeitungen, elf kleineren Choral-Vorspielen bzw. –Fughetten sowie vier Inventionsartigen Duetten, eingerahmt von Präludium und Fuge Es-Dur. Sie ist betitelt mit „Dritter Theil der Clavier Übung…“, womit Bach terminologisch unter anderem auf ähnliche Publikationen seines direkten Leipziger Amtsvorgängers im Thomaskantorat, Johann Kuhnau (1660-1722) anspielt.
Bei dieser Einspielung wurden nur die großen Bearbeitungen „à 2 Clav. et Ped.“ in Betracht gezogen, aber jeder der entsprechende Choral zum besseren Verständnis gesungen vorangestellt. Es gibt zahlreiche Versuche und Spekulationen, die Intention und Anordnung der verwendeten Lied-Melodien zu ergründen. Ob Bach damit zum Beispiel eine Art Orgelkatechismus, basierend auf Martin Luthers großem und kleinem Katechismus, schaffen oder ob er ein beispielgebendes Kompendium seiner Orgelkunst veröffentlichen wollte, ist nicht eindeutig erklärbar.
Das „Premier Livre d’Orgue“ (1699) des französischen Orgelmeisters Nicolas de Grigny (1672-1703) mag in vielerlei Hinsicht als Vorbild gedient haben, ebenso finden sich Anklänge an die „Fiori musicali“ (1635) von Girolamo Frescobaldi (1583-1643). Beide Werke waren Bach nicht nur bekannt, sondern er hatte sich davon persönlich eine Abschrift angefertigt. Ebenso mag die Alternatim-Praxis des Wechsels von Gemeinde, Chor und Orgel zu der populären, aber musikhistorisch und theologisch nicht korrekten Begrifflichkeit „Orgelmesse“ geführt haben. Stilistisch gesehen gehört das Opus zu Bachs letzter Schaffensperiode, in welcher er seine höchste kompositorische Meisterschaft erreicht hatte. Qualitativ kann es sich mit den „Goldberg-Variationen“, der „Kunst der Fuge“, dem „Musikalischen Opfer“ und den „Kanonischen Veränderungen“ mehr als messen.
Das eröffnende festliche Präludium präsentiert sich thematisch dreiteilig mit einem punktierten Rhythmus nach Art einer französischen Ouverture, einem melodisch heiteren Thema mit spielerischem Echo-Effekt und einem fugiert bewegten Teil. Nicht umsonst wird dieses Präludium als Abbild der Dreieinigkeit gedeutet.
Die drei ersten sich anschließenden Choräle behandeln das altkirchliche „Kyrie fons bonitatis“, wobei der Cantus firmus zunächst im Sopran, dann im Tenor und schließlich im Bass durchgeführt wird. Der Schreibstil erinnert an alte motettische Vokalkunst, im letzten fünfstimmigen Teil harmonisch mit Anklängen an die H-Moll-Messe.
Die beschießende dreiteilige Fuge könnte ebenfalls trinitarisch gedeutet werden. Beginnend im Stile alter Vokalpolyphonie führt sie über einen spielerisch anmutenden Mittelteil hin zum lebendigem, Gigue-artigem Finale, das, wirkungsvoll mit dem ersten Fugenthema kombiniert, den Zyklus zu einem grandiosen Abschluss bringt.
Wenn Sie Interesse an dieser CD haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Christian von Blohn unter folgender E-Mail-Adresse: cvb@bistum-speyer.de
Text: Christian von Blohn, Dekanatskantor